Die Mörder des russischen Ex-Spions Alexander Litwinenko wussten genau, was sie taten: Polonium, das jetzt auch bei dem russischen Milliardär Beresowski entdeckt wurde, ist ein extrem effektives, schwer nachweisbares Gift.
Quelle: Zeit online, 24. November 2006
Wochenlang tappten die Mediziner im Dunkeln. Erst als der Körper Alexander Litwinenko bereits aufgegeben hatte, kamen sie endlich der mutmaßlichen Ursache seine schweren Vergiftung auf die Spur: Kurz bevor der Russe nach drei Wochen starb, hatte das Team an der Londoner Klinik die Fährte des radioaktiven Elements Thallium aufgenommen. Nicht weit von der Wahrheit entfernt, doch selbst wenn man die richtige Spur verfolgt hätte – für das Opfer war es zu spät. Gegen radioaktive Strahlung ist kein Kraut gewachsen. Und schon gar nicht gegen Strahlung aus solcher Quelle:
Eine winzige Menge des radioaktiven Elements Polonium-210 kostetet den Ex-Agenten das Leben. Litwinenko hatte die tödliche Dosis vermutlich am 1. November geschluckt, hübsch verpackt in ein kleines japanisches Reishäppchen, das ihm und Freunden in einem Londoner Sushi-Restaurant serviert wurde. Kurz darauf wurde er in die Klinik eingeliefert; im dem Restaurant fanden die Ermittler später Spuren des hochtoxischen Stoffs.
Ein Mord, wie ihn nur Spezialisten mit besonderen Beziehungen begehen können. Denn Polonium-210 ist in mehrfacher Hinsicht ein außergewöhnliches Gift: zunächst, weil das Element radioaktiv ist, ein so genannter Alphastrahler. Wie alle radioaktiven Stoffe zerfällt es nach einer gewissen Zeit, und dabei wird Energie frei. Doch während viele andere radioaktive Elemente diese Energie vorwiegend in Form von winzigen Elektronen oder quasi masselosen Gammaquanten abgeben, schießen Alphastrahler mit regelrechten Brocken um sich: Die Pakete aus zwei Protonen und zwei Neutronen, Alphateilchen genannt, sind massiv und mit
5,3 MeV extrem energiereich. Selbst geringe Mengen des Elements erhitzen sich durch den Zerfall in Kürze auf mehrere Hundert Grad Celsius. Die Strahlung ist sogar so stark, dass die Luft rund um das zerfallende Polonium zu blauem Leuchten angeregt wird. Vor allem in organischen Geweben richten Alphastrahlen verheerende Schäden an.
Doch so stark die Wirkung auch ist, sie reicht nicht weit: Bereits die oberste, abgestorbene Schicht der menschlichen Haut können die Alphateilchen nicht durchdringen. Erst verschluckt oder auf anderem Weg in den Körper gebracht entfaltet das Element seine ganze zerstörerische Kraft, denn dort kann es unmittelbar auf lebende Zellen wirken und sie töten, schleichend zwar, doch die Halbwertszeit von Polonium beträgt 138 Tage, die Wirkung ist damit sehr nachhaltig.
Der bösen Absicht gereicht das alles zum Vorteil: Polonium lässt sich, zumindest von Fachleuten und falls diese es denn wünschen, auch ohne schweres Schutzgerät handhaben und transportieren. Und allzu viel Masse muss man für einen Giftanschlag mit dem Alphastrahler auch gar nicht bewegen: Einige Milligramm, vielleicht sogar weniger, reichen, um einen Menschen von innen langsam, aber sicher zu zerfressen. Diese Dosis passt auch in ein Sushiröllchen.
Aufgaben
Nimm an, Litwinenko hatte 0,01 µg (1∙10-8 g) PO-210 pro kg Körpergewicht aufgenommen. Berechne jeweils bezogen auf 1 kg Körpergewicht:
- die Zahl der PO-210 Atome;
- die Aktivität in Bq und die Energiedosis in Gv/s und J/s;
- die Strahlenbelastung in Sv pro Sekunde und innerhalb von 3 Wochen.
- Iod-131 ist ein ß‑Strahler mit 0,97 Mev und einer Halbwertszeit von 8 Tagen. Berechne die Belastung, wenn ebenfalls 0,01 µg / kg aufgenommen werden.
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